Nachhaltigeres Wassermanagement
Die Forschung rechnet damit, dass verfügbares Wasser in der nahen Zukunft deutlich knapper wird. Für die Projektregion gehen Prognosen von einem Rückgang des verfügbaren Wassers
um durchschnittlich 7 bis 11% bis 2040 aus, verglichen mit 2010. Schon jetzt sind die Effekte des Klimawandels deutlich zu sehen und zu spüren. Im Zitrus-Projekt ist daher die nachhaltigere Wassernutzung auf den Farmen und im Flussgebiet ein zentraler Arbeitsschwerpunkt. Alle Produzenten verpflichten sich, ihre Bewässerung an die Prognosen für die Projektregion anzupassen und daraus resultierend Wasser einzusparen. Durch den Einsatz von Technologien wie Boden-Feuchtigkeitssonden arbeiten die Betriebe an einer effizienteren Bewässerung. Das gemeinsame Ziel ist eine möglichst hohe Wasser-Einsparung, bei der gleichzeitigen Gewährleistung einer hohen Qualität und Produktionsmenge.
Seit 2019 sind Boden-Feuchtigkeitssonden für alle Farmen ab dem zweiten Jahr im Projekt Pflicht. Sie liefern den Produzenten wertvolle Erkenntnisse und ermöglichen es, die Bewässerung der Zitrusbäume mit Niederschlägen, Außentemperaturen sowie der Bodenbeschaffenheit abzugleichen und passgenau auf die Bedürfnisse der Bäume auszurichten. Für die Zitrus-Produzenten bedeutet das eine enorme Optimierung – und Zukunftsabsicherung.
In der Saison 2020/21 konnten die Fincas zusammen 1.824 Millionen Liter Wasser einsparen (im Vergleich zur gesetzlich erlaubten Menge). Das entspricht der Wassermenge von mehr als 700 Olympia-Schwimmbecken. Im Jahr 2024 lag der durchschnittliche Wasserverbrauch auf den Projektfarmen bei 3.864 m³ pro Hektar. Im Vergleich dazu verbraucht der konventionelle Zitrusanbau in Spanien laut dem spanischen Landwirtschaftsministerium zwischen 6.000 und 9.000 m³ pro Hektar. Das bedeutet: Die Projektfarmen kommen mit rund 36% weniger Wasser aus – bezogen auf den niedrigsten Wert im konventionellen Anbau.
Des Weiteren engagieren wir uns im Rahmen des Zitrus-Projekts über die Betriebsgrenzen hinaus und wollen auch andere Akteure in der Region animieren, Wasser gemeinsam nachhaltiger zu nutzen. 2019 wurden das erste Mal gemeinsame Aktionen durchgeführt: An einer Aufräumaktion am Ufer des Guadalquivir im Bereich einer Projektfarm beteiligten sich z.B. die Produzenten, das Projektteam und Vertreter der lokalen Gemeinde.
Weniger Pestizide
Bei dem durch ein Expertenteam entwickelten Pestizidplan werden besonders gefährliche bzw. die Artenvielfalt beeinträchtigende Mittel durch weniger gefährliche bzw. weniger kritische ersetzt, Nützlinge gefördert und insbesondere der Einsatz von Insektiziden reduziert.
Alle Produzenten müssen diesen Pestizidplan 1:1 befolgen. Das bedeutet: Besonders gefährliche bzw. kritische Stoffe wie z.B. Glyphosat sind von vornherein tabu. Außerdem dürfen chemische Mittel erst dann zum Einsatz kommen, wenn Nützlinge den Schädlingsbefall nicht mehr kontrollieren können. Dazu wird die Größe der Schädlings- und Nützlings-Populationen bei wöchentlichen Rundgängen auf jeder Farm überprüft und festgestellt, ob das natürliche Gleichgewicht zur Schädlingskontrolle ausreicht. Diese Maßnahmen zeigen Wirkung: 2024 haben die Projektfarmen im Durchschnitt 69 % weniger Pestizide ausgebracht als im Jahr vor ihrem Projekteinstieg (in kg/ha; bezogen auf 22 von insgesamt 27 Farmen, für die historische Werte vor Projekteintritt vorliegen).
Erhalt und Förderung der Artenvielfalt vor Ort
Der Nationalpark Doñana an der Flussmündung des Guadalquivir ist ein hochdiverses Ökosystem und dient als wichtiges Feuchtgebiet Spaniens unzähligen Zugvögeln als Raststation. Der Artenreichtum des Nationalparks ist aufgrund der sinkenden Wasservorkommen jedoch akut gefährdet. Rund 80% der Wasserentnahmen im Flussgebiet des Guadalquivir entfallen auf die Landwirtschaft. Das Zitrus-Projekt möchte durch die Arbeit zu einer verantwortungsvollen Wassernutzung auf den Farmen und im Flussgebiet einen Beitrag zum Schutz des Nationalparks leisten, und bringt zudem die Natur zurück auf die konventionellen Anbauflächen von Orangen und Mandarinen.
Der massiv reduzierte Einsatz von Herbiziden und Insektiziden, die Aussaat von Gräsern, die Pflanzung von Hecken und Sträuchern oder die Anbringung von Nistkästen sowie Ansitzstangen für Greifvögel als auch „Biodiversitätsinseln“ in Bewässerungsbecken üben einen positiven Einfluss auf die vorhandene Flora und Fauna auf den Projektfarmen aus.
Auf sechs Farmen, auf denen Raubwürger und Ziegenmelker nachgewiesen werden konnten, wurden Vorschriften zum Schutz der kleinen Vögel eingeführt. Beide Arten finden auf Zitrus-Plantagen normalerweise keine idealen Lebensbedingungen. Die Raubwürger nehmen die neu angelegten Dornenhecken gut an.
Für die ohne Nest am Boden brütenden Ziegenmelker wurden Schutzmaßnahmen eingeführt: Während der Brutzeit dürfen Orangenreihen mit Nestern nicht mehr mit Fahrzeugen befahren werden.
Auch Greifvögel wie Turmfalke, Schleiereule und Steinkauz haben sich auf den Projektfarmen angesiedelt. Sie spielen eine wichtige Rolle im ökologischen Gleichgewicht und helfen im Zitrus-Anbau, da sie unter anderem Wühlmäuse jagen, die Baumwurzeln und junge Baum-Setzlinge schädigen können. Um ihre Ansiedlung gezielt zu fördern, wurden in den letzten zehn Jahren 128 Sitzstangen für die Ansitzjagd errichtet und 47 Nistkästen aufgehängt. Mit Erfolg: Zwischen 2019 und 2024 sind in den Nistkästen über 300 Küken geschlüpft.
Je mehr sich der Insektenreichtum auf den Fincas erhöht, desto mehr kehren neben Vögeln auch größere insektenfressende Tiere wie Reptilien zurück. Dazu gehören seltene und scheue Tiere wie Dachs, Fischotter, Manguste und Gartenschläfer oder auch die Perleidechse als größte Eidechse Europas, welche unter strengem Schutz steht.
Bessere Bodenfruchtbarkeit
Wir arbeiten außerdem daran, die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern. Konventionelle Landwirtschaft geht oft einher mit intensivem Einsatz von Mineraldüngern sowie der Auslaugung, Verdichtung und Erosion des Bodens.
Die Themen Düngung und Bodenfruchtbarkeit werden seit dem Jahr 2018 im Projekt zunehmend in den Fokus genommen. Zwar waren bereits Düngepläne auf den Projekt-Farmen vorhanden, diese wurden jedoch selten genau an die tatsächliche Nährstoffverfügbarkeit der Böden und den Bedarf der Zitrusbäume angepasst.
Eine der grundlegenden Maßnahmen zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit muss unmittelbar nach Aufnahme ins Projekt von jeder Farm umgesetzt werden: Beim Schnitt der Bäume sowie bei der Mahd der zwischen den Baumreihen stehenden Pflanzendecken fallen regelmäßig große Mengen an organischer Materie an. Diese verbleiben in gehäckselter Form auf den Anbauflächen und werden nicht verbrannt. Darüber hinaus werden die Böden, wenn nötig, gezielt mit zusätzlicher organischer Substanz angereichert, um ihre Fruchtbarkeit zu steigern und die natürliche Nährstoffverfügbarkeit sowie die Wasserspeicherkapazität zu verbessern. Zum Einsatz kommen dabei beispielsweise Kompost, Mist oder Mulch.
Einige der Projekt-Farmen liegen in Gebieten, die als „besonders verletzliche Zonen in Bezug auf mögliche Nitrat-Verschmutzung“ klassifiziert sind. Nicht nur die spanischen Behörden, auch das Projekt selbst stellt hier besondere Anforderungen, um Böden und Gewässer zu schützen. Daher verpflichten sich die Farmen beispielsweise zu einer effizienten und bedarfsgerechten Düngung auf Grundlage von regelmäßig durchgeführten Blatt-, Boden- und Wasseranalysen sowie Bodenkarten.